Freunde kommen zu Besuch, wir tauchen an einem der weltweit schönsten Tauchspots und segeln zu unserer End-Destination, nach Curacao.
Hier endet unser Abenteuer.
Segeln unter dem Sternenmeer
In Los Roques ist ein Traum in Erfüllung gegangen.
Ti Moun im Sonnenuntergang vor Anker, wir ganz alleine in der Bucht vor unserer eigenen, privaten Insel. Es gab keine einzigen anderen Touristen, wir waren mutterseelenalleine. Abgesehen von Gustavo, unserem Freund und Local verbrachten wir die Tage isoliert mit schnorcheln und Natur geniessen.
Am letzten Tag auf Los Roques bereiten wir uns mental vor, in Bonaire auf europäischen Ferientrubel zu stossen. Luca hat absolut gar keine Lust darauf, ich freue mich schon ein wenig auf den sozialen Austausch. Segler*innen sollte es da auch wieder geben.
Wir bereiten uns auf die letzte grosse Überfahrt vor. In 24h sollten die Strecke gut zurücklegbar sein. Da immer Unvorhergesehenes passieren kann, berechnen wir die Zeit grosszügig. Wir wollen ja nicht wie in Los Roques mit dem letzten Sonnenstrahl ankommen.
Somit holen wir morgens um 5:00 den Anker hoch. Das 4-Stunden-Wachsystem ist unterdessen vertraut, die Bedingungen sind günstig mit 16-18 Knoten Wind und kaum Welle. So vergehen die Stunden wie im Flug.
Nach 12 Stunden merken wir, dass wir schon drei Viertel der Strecke zurückgelegt haben. Wir sind zu schnell! So würden wir tatsächlich im Dunkeln vor dem Sonnenaufgang ankommen!
Wir beschliessen, die Schläge (Zick-zack-Kurs um angenehm Segeln zu können) grosszügiger zu fahren, um etwas Zeit zu gewinnen.
Es herrscht Ruhe im Cockpit. Die Sterne funkeln, hin und wieder glitzert eine Sternschnuppe auf dem Wasser. Das leise Rauschen der Wellen und die knarrenden Geräusche von Ti Moun sind unterdessen so vertraut, wie der eigene Herzschlag.
Es ist wahrlich ein Privileg, mit unser eigenem Boot über das weite Meer zu segeln. Umgeben von Wasser, angetrieben vom Wind und zusammen mit dem Herzensmenschen gräbt sich dieses Abenteuer tief in die Seele ein. Es ist schlicht wunderbar.
Ankunft in Bonaire
Pünktlich zum Sonnenaufgang erreichen wir die Mooringbojen-Zone vor Kralendijk.
Bonaire ist ein Paradies für Schnorchler und Taucher, da die Umwelt-Regeln rigoros sind. Zum einen darf man nirgends ankern, um keine Korallen zu verletzen und man braucht einen Schwarzwassertank, damit die Toiletteninhalte nicht einfach ins Meer gespült werden.
Das sind aus Seglersicht zwar Nachteile, aber unser Taucherherz schlägt höher, sobald wir das kristallklare Wasser erblicken.
Keine zwei Minuten nachdem Ti Moun an der Boje liegt, springen wir ins Wasser. Die Sicht beträgt locker 25m, die farbigen Fische sind neugierig und zahlreich und die Korallen sind nicht halb so abgestorben wie auf den Antillen. Wow!
Ein paar Tage später düsen wir mit dem Dinghy zum Anlegedock. Da winken zwei Gestalten von weitem - Alena und Sven sind angekommen!
Die beiden haben mich in Sri Lanka gerettet, als ich aus Pandemiegründen gestrandet war. Seit dem besuchen wir uns immer wieder gegenseitig in Ulm und Luzern. Die beiden sind passionierte Taucher und Weltreisende, genau die perfekte Crew für unsere letzten zwei Inseln. Bestens ausgerüstet legen sie ihr Angelzeug, sowie die Tauchausrüstung, ins Dinghy - los gehts!
Tauchen per Pick-up
Wir mieten nun fast täglich Sauerstofftanks, laden sie in unseren Pick-up und fahren die Küstenstrasse entlang. Gelb markierte Steine signalisieren die über 100 verschiedenen Tauchplätze der Insel. Man kann selbstständig vom Land aus tauchen gehen. Schnell das Equipment von der Ladefläche geholt, zusammengebaut und schon geht es unter die Wasseroberfläche.
Wir tauchen mit Schildkröten, fast zwei Meter grossen Atlantic-Tarpoons und unzähligen anderen Fischarten. Muränen schauen aus ihren Höhlen und Schlangenaale schlängeln sich unter uns um die Korallen. Ein Highlight ist das Wrack 'Hilma Hooker', die 71m lang ist und 1984 versenkt wurde. Sie liegt gekippt auf knapp 30m und ist wunderbar bewachsen und von grossen Fischschwärmen umgeben.
Tauchen mit Ti Moun
Ein paar Tage später machen wir wohl das coolste, was man als Segler*in machen kann. Wir tauchen von unserem eigenen Boot aus!
Es ist zwar organisatorisch ein ziemlicher Aufwand. Stellt euch 8 Tauchflaschen, 4 Neoprens, 4 Tarierwesten, Atemregulatoren, Schuhe, Blei, Flossen und Taucherbrillen zuerst mal auf dem Dinghy vor. Und jetzt versucht ihr das mal auf einem 11.4m langen Segelboot wackelsicher zu verstauen! Echt nicht ohne! Wir schwitzen und sind uns nicht sicher, ob sich der ganze Aufwand lohnt.
Doch dann springen wir von Ti Mouns Heckplattform ins kühle, kristallklare Wasser und alles ist vergessen. Wir tauchen an der Insel Klein Bonaire, dem berühmten Tauchspot 1'000 steps und sonst überall, wo wir gerade Lust haben. Ti Moun können wir an jedem Tauchplatz an einer Festmacherboje befestigen. Wir kochen uns ein Mittagessen, während dem die Neoprens trocknen und springen am Nachmittag zum zweiten Mal rein. Es ist grossartig!!
Washington Slagbaai Nationalpark
An einem tauchfreien Tag besuchen wir den Nationalpark im Norden der Insel.
Die Strassen sind holprig und voller Schlaglöcher, doch der 4x4 Antrieb unseres Pick-ups ist dem locker gewachsen. Wir sehen riesige Leguane, baumhohe Kakteen, Flamingos und Papageie. Die Landschaft ist spektakulär, so rau und wild - ganz anders als die vorherigen Karibik-Inseln.
Überfahrt nach Curacao
Die ABC-Inseln (Aruba, Bonaire und Curacao) gehören geografisch zu Südamerika, sind aber (ausser Aruba) ehemals von Holland kolonialisiert gewesen. Die Landessprache ist Papiamentu, eine Mischung aus Holländisch, Englisch, Spanisch und Portugiesisch.
Wir legen vor Sonnenaufgang von Bonaire ab und setzen Segel nach Curacao. Die rund 40 Seemeilen starten happig, der Wind ist relativ schwach, die Wellen dafür umso höher. Alena und Sven gehen runter. Luca und ich schauen uns etwas schuldbewusst an - die Armen, auf ihrer ersten Passage solche Bedingungen, da würde jeder seekrank!
Doch 20min später bringen die beiden frisch gebackene Pfannkuchen hoch!! Was?! Ihr seid ja die coolsten! ;-) Nochmals vielen Dank dafür!
Wir geraten in einen Squall, der Wind frischt auf und wir sind mit gut 7 Knoten unterwegs. Die Angelrute surrt - doch schon ist Lucas Köder abgerissen! Und tschüss - das war schon Köder Nummer 6.
Wenig später surrt Svens Angel. Er kurbelt und kurbelt, es hängt ein grosser Fisch dran! Doch kurz bevor er ihn an Bord hieven kann, verliert der Fisch den Haken und fällt zurück ins Wasser. Nochmals schade!
Santa Cruz und endlich was an der Angel!
In Curacao angekommen verbringen wir den ersten Tag in der Hauptstadt Willemstad. Dort müssen wir einklarieren und die Ankererlaubnis für Santa Cruz holen. Diese administrativen Prozesse sind hier extra mühsam, langwierig und bedeuten für den Captain einen grossen Mehraufwand. Doch wer ist eigentlich der Kapitän auf Ti Moun? Luca und ich streiten uns bis heute! ;-)
Ein paar Tage später brechen wir zu unserem aller letzten Trip auf. Wir segeln nach Santa Cruz, ganz in den Norden von Curacao.
Die Bucht ist wunderschön. Wir geniessen die letzten Tage mit Alena und Sven tauchend, schnorchelnd und mit guten Gesprächen. Sven fängt eine Blaurücken Stachelmakrele, die genüsslich verspeist wird - mjam!
Abschied
Auf dem Rückweg sind Luca und ich ziemlich wehmütig - es ist wohl das letzte Mal segeln mit Ti Moun.
Wir brechen vor Sonnenaufgang auf, gucken in die Sterne und zählen Sternschnuppen. Die Sternbilder sind unterdessen vertraute Wegbegleiter geworden, Ti Moun ebenso. Ihre Bewegungen und Geräusche fühlen sich nach Zuhause an, wir haben viele Stunden mit ihr verbracht und sind zu einer Einheit geworden.
Es schmerzt sehr, sie verkaufen zu müssen, doch unsere Zeit und unser gespartes Geld ist aufgebraucht. Wir sind unterdessen länger als ein Jahr unterwegs, haben so viele Orte und Leute kennengelernt und unglaubliche Abenteuer erlebt. Dankbar und voller Glück schauen Luca und ich uns an, die Tränen glitzern in den Augen. Es war einfach grossartig!
the last hurray
Vor dem Kanal vor Spanish Waters, unserem finalen Ankerplatz, wollen wir die Angelruten einholen und die Segel herunternehmen. Und genau in diesem Moment surrt die Angel!
Sven kurbelt was das Zeug hält und wir können unseren Augen kaum trauen - es hängt ein riesiger Mahi Mahi daran!!
Ganz zum Schluss fangen wir tatsächlich noch diesen König der Meere.
Am Ziel
Der Fisch ist viel zu gross, um ihn alleine zu essen. Daher passt das Timing perfekt - denn in Spanish Waters sind die Boote von fast all unseren Segelfreunden, die wir auf der Reise kennengelernt haben.
Wir treffen Vero und Simo, Andreas, Monika und Tom, sowie Jan und Sophie wieder. Die letzten Tage sind gefüllt mit Gelächter, spontanen Apéros und Abendessen und ganz vielen Geschichten, die das Leben auf dem Wasser so schreibt.
Und wir sind unglaublich glücklich und stolz, einen Teil davon gewesen zu sein.
Und auch dir wollen wir danken, einen Teil unserer Reise gewesen zu sein!
Schön warst du digital dabei und hast mitgelesen und mitgefiebert!
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